von Madmario » Donnerstag 27. Juli 2006, 07:04
AUSBLICK/Bei DaimlerChrysler steht US-Tochter im Fokus
STUTTGART (Dow Jones)--Bei der DaimlerChrysler AG (Nachrichten/Aktienkurs), Stuttgart, steht im zweiten Quartal die US-Tochter Chrysler im Fokus der Anleger. Während alle anderen Sparten steigende oder zumindest stabile Erträge ausweisen dürften, wird die Chrysler Group nach Ansicht von Analysten einen deutlichen Gewinnrückgang verbuchen. Deshalb wird der Aktienmarkt besonderes aufmerksam auf die Geschäftsperspektiven der US-Aktivitäten achten. Der Automobilhersteller legt an diesem Donnerstag die Zahlen zum zweiten Quartal vor.
Im Mittel erwarten von Dow Jones Newswires befragte Analysten mit 39.559 (Vorjahr: 38,423) Mrd EUR einen leicht höheren Umsatz. Der operative Gewinn wird dem Konsens zufolge bei 1,656 (1,671) Mrd EUR stagnieren. Der Nettogewinn dürfte aufgrund einer geringeren Steuerquote und eines höheren Finanzergebnisses auf 835 Mio (737) Mio EUR steigen, was einem Gewinn pro Aktie von 0,81 (0,73) EUR entspräche.
Für die Chrysler Group veranschlagen die Analysten bei einem leicht schwächeren Umsatz von 12.336 (13,1) Mrd EUR einen Einbruch des operating Profit auf 85 (544) Mio EUR. Verantwortlich dafür seien die trotz anhaltend hoher Rabatte sinkenden Fahrzeugverkäufe, ein schlechterer Modellmix sowie die Anlaufkosten für anstehende Modellwechsel, glauben die Experten.
In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres gingen die Verkäufe der Chrysler Group an Endkunden um 5% auf etwas über 1,1 Mio Fahrzeuge zurück. Dabei stieg der Pkw-Absatz um 6%, während die Light Trucks und Sports Utility Vehicles (SUV) ein Minus von 8% aufwiesen. Im hart umkämpften US-Markt leiden derzeit insbesondere Fahrzeuge mit einem vergleichsweise hohen Spritverbrauch unter der Benzinverteuerung.
Am Donnerstag wird nun interessant sein, wie sich die umsatz- und gewinnrelevanten Auslieferungen an die Händler im zweiten Quartal entwickelt haben. Immerhin summieren sich die Lagerbestände in den ersten sechs Monaten auf insgesamt 647.695 Fahrzeuge, was einer Reichweite von 91 Tagen entspricht und damit über dem normalen Wert bei rund 65 bis 70 Tagen liegt.
Um die Lager für die im Herbst anstehenden Modellwechsel zu räumen, hat Chrysler ein neues Rabattprogramm angekündigt, das Kunden gleich hohe Preisnachlässe wie Mitarbeitern gewährt. Dabei hat die US-Tochter laut dem Konsumforschungsinstitut Edmunds.com im ersten Halbjahr bereits mehr Kaufanreize geboten als alle anderen Hersteller. Zusätzlich wurden Produktionskürzungen in Aussicht gestellt.
Sollten aufgrund neuer Rabatte Abschreibungen auf die Lagerbestände notwendig werden, würde dies laut Analysten am Aktienmarkt als stark negatives Signal gewertet werden, weil dann das Vertrauen in die nachhaltige Profitabilität von Chrysler erschüttert wäre. Insbesondere die Markteinführung von neuen Pkw-Modellen im zweiten Halbjahr dürfte allerdings den Absatz stützen und die Rabatte nicht weiter ausufern lassen. Dann könnten im kommenden Jahr die Gewinne von Chrysler wieder anziehen, lautet die Erwartung der Beobachter.
Zum jetzigen Zeitpunkt geht jedenfalls kaum jemand von einer Gewinnwarnung des Automobilherstellers am Donnerstag aus. Für 2006 hat DaimlerChrysler bei einem leicht höheren Umsatz (Vorjahr: 149,8 Mrd EUR) einen operativen Gewinn von 6 (5,2) Mrd EUR in Aussicht gestellt. Darin enthalten sind Restrukturierungsaufwendungen, deren Höhe zwar für das Gesamtjahr beziffert wurde, aber deren Verteilung auf die Quartale und Sparten noch aussteht.
Zum ersten sind das die Kosten für den Personalabbau in der Verwaltung (Neues Management Modell) von 500 Mio EUR, die insgesamt bis 2008 mit 2 Mrd EUR veranschlagt werden. Zum zweiten kommt dazu ein Restposten für die Sanierung der defizitären Kleinwagentochter smart. Von der Gesamtsumme von 1 Mrd EUR hat DaimlerChrysler im ersten Quartal bereits 982 Mio EUR verbucht. Zum dritten soll der Personalabbau in der Mercedes Car Group (MCG) nochmals im Gesamtjahr 400 Mio EUR kosten, auf das erste Vierteljahr entfielen bereits 203 Mio EUR.
Trotz der Sonderaufwendungen dürfte MCG, in der die Marken Mercedes-Benz, smart und Maybach zusammengefasst sind, im zweiten Quartal einen großen Gewinnsprung ausweisen. Den Konsensprognosen zufolge wird die Sparte den operating Profit auf 501 (12) Mio EUR steigern, wozu nicht zuletzt die höheren Absatzzahlen beigetragen haben dürften. Außerdem hatte im Vorjahr die Restrukturierung von smart mit 311 Mio EUR belastet. Dazu kamen operative Verluste der Kleinwagentochter sowie nie genau bezifferte Qualitätskosten und ein ungünstiger Fahrzeugmix.
Auch die zum ersten Quartal neu formierte Truck Group wird den Analysten zufolge aufgrund der guten Branchenkonjunktur den Gewinn auf 438 (410) Mio EUR ausbauen. Eine leichte Steigerung auf 288 (277) Mio EUR dürfte die ebenfalls neue Sparte "Van, Bus, Other" aufweisen, in die die Ergebnisse der Transporter- und Bus-Aktivitäten sowie der Beteiligung am Luft- und Raumfahrtkonzern EADS einfließen. Mit einem operativen Gewinn von 388 (385) Mio EUR liegt die Finanzdienstleistungs-Sparte laut Schätzungen auf Vorjahreshöhe.
Auf Jahressicht sehen die Analysten für DaimlerChrysler nicht zuletzt in der Mercedes Car Group noch genügend Raum, die wahrscheinlich stark rückläufigen Zahlen von Chrysler auszugleichen. Ob diese Einschätzung sich halten lässt, wird der Quartalsausweis am Donnerstag zeigen.