Die Hoffnung auf sieben fette Jahre
Sechzehn Jahre sind genug. Das war die Logik der klugen Wähler 1998. Sieben
Jahre später wählt Deutschland Rot-Grün ab. Weil Rot-Grün ermattet ist, die
Anstrengung leid. Kein konservativer Stern führt aus der Finsternis. Es ist die
Frustration mit der Mühe den Sozialismus zu ersetzen, die die Rot-Grünen das
Handtuch werfen lässt. So schwer hätte es für die Enkelgeneration nicht sein dürfen.
Unvermittelt steht die bürgerliche Opposition vor der Aufgabe, das Land zu führen
und zu wenden. Dank dem Kanzler, dass er die Reflexion in der CDU/CSU durch
Datensetzung (18. September) abkürzte. Die Geschichte wird es ihm danken (oder
auch nicht). Merkel wird Machiavellis Prinz gelesen haben. Es gilt nun zu führen, zu
handeln und zu hoffen. Statt Sommerloch wird es politisch heiß. Keine
Programmdiskussion, stattdessen ist Teambildung angesagt. Kompetenz statt
Proporz sollte die Devise sein. Frische Ideen, junge Köpfe, internationale
Ausrichtung, all dass sollte das Leitmotiv sein. Ach könnten wir doch Bob Zoellik als
Außenminister, Ivan Miklos als Finanzminister, Ali Babacan als Europaminister
haben, dann wären Beckstein als Innenminister und Rühe als Verteidigungsminister
ebenso okay wie Peter Müller als Wirtschaftsminister. Aber die Mühe wird größer.
Hoffentlich steht die Säule in der Wüste zur Verfügung. Merkel wird göttlichen
Beistand und Moses Kraft brauchen. Das Volk wird murren, denn Manna vom
Himmel ist nicht in Sicht, das den Gang durch die Wüste versüßt. Es wird ein Land
ohne Harmonie werden. Hoffentlich aber mit Vorwärtsdrang, mit dem unbeugsamen
Willen zur Erneuerung. Es wird hoffentlich viele junge engagierte Politiker geben, die
alles geben, die ihr Land lieben und mit ihm wieder stolz sein wollen. So werden wir
die sieben fetten Jahren bekommen, die wir uns so sehr wünschen. Es wird
hoffentlich ein Land sein, das europäisch, weltoffen ist, ein Land lern- und
bildungsbereit, ein Land koalitionsfähig und zukunftstauglich. Es wird hoffentlich
wieder ein Land für Kinder und Eltern - Väter und Mütter - ein Land, das privates
Eigentum als gestaltendes Element seiner Gesellschaftsordnung begreift, das Ethik
als Bindemittel und Effizienzförderung würdigt und das Gott seinen Platz in der
Schöpfung nicht streitig macht. Warum sollte es nicht möglich sein, nach der
verpatzten Wiedervereinigung noch einmal loszulegen mit all dem Talent, all der
Motivation, die uns immer noch eigen ist. Dieses Feuer lodert noch, unter all dem
Pessimismus, der das Land wie eine zu schwere Bettdecke am Atmen hindert.
Sprecht, wählt, engagiert euch Bürger! Es ist noch nicht zu Ende. Deutschland lebt
noch. Europa braucht einen Motor und die internationale Gemeinschaft wartet, dass
Europa seinen geostrategischen Beitrag endlich leistet, statt immer alles besser zu
wissen, aber wenig zur Entwicklung der Weltordnung zu tun. Niemand mag den
Nörgler am Gartenzaun. Der Handwerker, der ein Haus baut, ist dagegen herzlich
willkommen.
Deutschland steht erneut vor einem entscheidenden Herbst. Wird am 3. Oktober -
15 Jahre nach der Vereinigung Deutschlands - eine neue Ära angebrochen sein?
Mit Aufbruchsgeist, mit einer neuen Mannschaft, bereit Kleinkrämerei, Sozialismus
und enge nationalstaatliche Sichtweisen zu überwinden? Werden Handwerker,
Kirchen, Gewerkschaften, Jugendverbände, werden Universitäten aus ihren je
engen Bezügen heraustreten und dem Gemeinsamen, dem Größeren ihre Hand
reichen? Werden die Intellektuellen ihren Zynismus kontrollieren können? Werden
wir Deutschen den Neubeginn wagen?