Euro-Stützung durch EZB

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Euro-Stützung durch EZB

Beitragvon hit » Mittwoch 12. September 2012, 15:56

Hallo,

kann mir bitte jemand erklären wie der Euro durch die Anleihenkäufe der EZB gestützt werden soll?
Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen dem Aufkauf von Schulden europäischer Staaten und dem Preis für den Euro gegenüber anderen Währungen.

Gruß

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Re: Euro-Stützung durch EZB

Beitragvon Xeon » Mittwoch 12. September 2012, 16:47

Hi Hit,

diese Frage kann dir GS wahrscheinlich besser beantworten als ich...

Dennoch ein paar Worte dazu:
In der aktuellen Situation haben es Länder wie Italien oder Spanien deutlich schwerer ihre Anleihen loszubekommen.. teilweise zahlen die dafür mehr als 6% für 10-Year Bonds...

Wenn die EZB (ähnlich wie die FED) diese Anleihen kauft, dann entsteht mehr Nachfrage und der Zinsdruck geht runter und diese Länder bekommen wieder günstiger Geld... (für weniger Zinsen)

Solche Maßnahmen stabilisieren mittelfristig den Euro als Währungs- und Wirtschaftszone. Würde man dies nicht tun besteht halt die Gefahr, dass Länder wie Spanien oder Italien Pleite gehen, weil sie die Zinsen nicht mehr zahlen können und das wäre für den Euro als Währung ein Desaster.

Langfristig haben diese EZB Anleihenkäufe aber Nachteile was die Preisstabilität betrifft und solche Maßnahmen können für eine höhere Inflation sorgen und dadurch können größere Risiken entstehen....

Wenn GS aus seinem Urlaub zurück ist, kann er dir das vielleicht noch besser erläutern :)
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Re: Euro-Stützung durch EZB

Beitragvon hit » Mittwoch 12. September 2012, 17:30

Hallo und vielen Dank für die Anwort.

Die EZB kann diese Anleihen, im Gegensatz zur FED, aber nicht am Primärmarkt, sondern nur am Sekundärmarkt kaufen. Der Zinsdruck auf die Länder sollte sich also gar nicht ändern, weil die Preise der Anleihen am Primärmarkt darüber entscheiden wie hoch die effektive Zinslast der Staaten ist. Die EZB könnte durch ihre Ankündigung, am Sekundärmarkt zu operieren, den Primärmarkt indirekt beeinflussen, aber auf die Zinslast der Staaten hat sie keinen direkten Einfluß.
Das senkt vielleicht den Zinsdruck auf die Staaten, aber eine Stabilisierung kann ich darin nicht erkennen.

Warum wäre es ein Desaster für den Euro als Währung, wenn Spanien oder Italien ihre Zinsen nicht mehr zahlen können oder pleite gehen?

In welchem Verhältnis steht denn die Bonität/Zahlungsfähigkeit Spaniens oder Italiens zum Euro als Währung bzw. zum Wert des Euros gegenüber anderen Dingen?

Auch verstehe ich nicht den Zusammenhang zwischen den Anleihekäufen der EZB und der Preisstabilität nicht, bzw. Anleihkäufen und Inflation.

Preise entstehen doch dadurch, daß sich zwei Geschäftspartner auf einen Preis für eine Ware einigen bzw. dadurch daß ein Käufer einen Preis für eine Ware akzeptiert und nicht dadurch daß die EZB Geld in Umlauf bringt, indem sie Anleihen kauft.

Hoffe auf eine angeregte Diskussion.

Gruß

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Re: Euro-Stützung durch EZB

Beitragvon Xeon » Mittwoch 12. September 2012, 23:49

hit hat geschrieben:Hallo und vielen Dank für die Anwort.

Die EZB kann diese Anleihen, im Gegensatz zur FED, aber nicht am Primärmarkt, sondern nur am Sekundärmarkt kaufen. Der Zinsdruck auf die Länder sollte sich also gar nicht ändern, weil die Preise der Anleihen am Primärmarkt darüber entscheiden wie hoch die effektive Zinslast der Staaten ist. Die EZB könnte durch ihre Ankündigung, am Sekundärmarkt zu operieren, den Primärmarkt indirekt beeinflussen, aber auf die Zinslast der Staaten hat sie keinen direkten Einfluß.
Das senkt vielleicht den Zinsdruck auf die Staaten, aber eine Stabilisierung kann ich darin nicht erkennen.


Das sehe ich insgesamt ähnlich... Wobei man bedenken muss, dass alleine die Ankündigung der EZB am Sekundärmarkt zu kaufen psychologisch so eine starke Wirkung hat, dass auch am Primärmarkt direkt die Zinsen gefallen sind... somit hat die Ankündigung der EZB am Sekundärmarkt zu kaufen schon was gebracht... Die Frage ist nur wie lange das was bringt...

Warum wäre es ein Desaster für den Euro als Währung, wenn Spanien oder Italien ihre Zinsen nicht mehr zahlen können oder pleite gehen?

Bei einem Staatsbankrott von Italien oder Spanien wären quasi alle Banken und Versicherungen in Europa kaputt... Dadurch, dass in Deutschland Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister Staatsanleihen von diesen Staaten haben und auch die Tatsache, dass wir eng wirtschaftlich mit diesen Ländern verstrickt sind.... Mit anderen Worten: Sollte ein Land wie Italien oder Spanien Pleite gehen, dann hätten wir den Eurocrash. Damit wären alle deutschen Vermögenswerte entwertet und wir müssten unsere Währung komplett resetten und eine Währungsreform wäre notwendig.

In welchem Verhältnis steht denn die Bonität/Zahlungsfähigkeit Spaniens oder Italiens zum Euro als Währung bzw. zum Wert des Euros gegenüber anderen Dingen?


Die Frage kann dir GS wahrscheinlich besser beantworten...

Auch verstehe ich nicht den Zusammenhang zwischen den Anleihekäufen der EZB und der Preisstabilität nicht, bzw. Anleihkäufen und Inflation.

Preise entstehen doch dadurch, daß sich zwei Geschäftspartner auf einen Preis für eine Ware einigen bzw. dadurch daß ein Käufer einen Preis für eine Ware akzeptiert und nicht dadurch daß die EZB Geld in Umlauf bringt, indem sie Anleihen kauft.

Hoffe auf eine angeregte Diskussion.


Die EZB druckt Geld und kauft damit Staatsanleihen... Dadurch entsteht Inflation, wenn eine Zentralbank einfach Milliarden druckt und dafür Bonds kauft... und das ist ein erhebliches Risiko für die Preisstabilität der gesamten Eurozone...
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Re: Euro-Stützung durch EZB

Beitragvon hit » Donnerstag 13. September 2012, 09:54

Das sehe ich insgesamt ähnlich... Wobei man bedenken muss, dass alleine die Ankündigung der EZB am Sekundärmarkt zu kaufen psychologisch so eine starke Wirkung hat, dass auch am Primärmarkt direkt die Zinsen gefallen sind... somit hat die Ankündigung der EZB am Sekundärmarkt zu kaufen schon was gebracht... Die Frage ist nur wie lange das was bringt...


Das Problem der Staaten, sich Geld zu verschaffen, ist also nur kleiner geworden, aber lange nicht aufgehoben. Letztendlich wird das Problem der Staatsbankrotte nur weiter hinausgezögert.

Bei einem Staatsbankrott von Italien oder Spanien wären quasi alle Banken und Versicherungen in Europa kaputt... Dadurch, dass in Deutschland Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister Staatsanleihen von diesen Staaten haben und auch die Tatsache, dass wir eng wirtschaftlich mit diesen Ländern verstrickt sind.... Mit anderen Worten: Sollte ein Land wie Italien oder Spanien Pleite gehen, dann hätten wir den Eurocrash. Damit wären alle deutschen Vermögenswerte entwertet und wir müssten unsere Währung komplett resetten und eine Währungsreform wäre notwendig.


Bei einem Staatsbankrott Italiens oder Spaniens hätten wir einen Banken-/Versicherungscrash und eine Entwertung der Vermögenswerte, die an spanische/italienische Verbindlichkeiten (Lebensversicherungen etc.) gekoppelt sind, aber keinen Eurocrash.

Die EZB druckt Geld und kauft damit Staatsanleihen... Dadurch entsteht Inflation, wenn eine Zentralbank einfach Milliarden druckt und dafür Bonds kauft... und das ist ein erhebliches Risiko für die Preisstabilität der gesamten Eurozone...


"Die EZB druckt Geld und kauft damit Staatsanleihen..." Dadurch entsteht zunächst einmal höchstens Inflation in den gekauften Staatsanleihen, aber in wiefern stellt das ein Risiko für die Preisstabilität der Eurozone dar?

Gruß

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Re: Euro-Stützung durch EZB

Beitragvon Xeon » Donnerstag 13. September 2012, 13:40

hit hat geschrieben:
Das Problem der Staaten, sich Geld zu verschaffen, ist also nur kleiner geworden, aber lange nicht aufgehoben. Letztendlich wird das Problem der Staatsbankrotte nur weiter hinausgezögert.


Ist schon richtig, die wirtschaftlichen Probleme in den Staaten sind ja nicht gelöst. Dazu das Problem mit dem Zinssystem wodurch es schwer wird die Schulden zu senken, weil man eine Wirtschaft braucht die konstant wächst... Nach 50-60 Jahren Wachstum seit dem 2. Weltkrieg ist es halt schwer, dass dieses Wachstum immer konstant so weitergeht.


Bei einem Staatsbankrott Italiens oder Spaniens hätten wir einen Banken-/Versicherungscrash und eine Entwertung der Vermögenswerte, die an spanische/italienische Verbindlichkeiten (Lebensversicherungen etc.) gekoppelt sind, aber keinen Eurocrash.

Das sehe ich definitiv anders... schau dir mal die Auswirkungen von der Lehman Pleite an... und das war nur eine große Investmentbank... Was meinst du was los wäre, wenn Spanien Pleite wäre?

Es gibt CDS (Kredit-Ausfallversicherungen) die dann fällig werden würden. Alleine diese Sache würde das globale Bankensystem in den Abgrund stürzen.. selbst Banken in Amerika die dann fällige CDS zahlen müssten wären Pleite.

Sämtliche Finanzdienstleistungskonzerne in Europa sowohl als auch viele Finanzdienstleister in US würden sehr schnell in die Insolvenz gehen.

Ich würde mich da definitiv festlegen und sagen, wenn ein Land wie Spanien Staatsbankrott anmelden würde, dann hätten wir den Eurocrash und die Folge wäre eine globale Wirtschaftskrise noch weitaus schlimmer als die Krise 2008.

Genau deswegen versucht die Politik ja mit allen möglichen Maßnahmen (ESM, EFSF usw.) eine solche Pleite zu verhindern. Weil das de facto das Ende für den Euro wäre.

"Die EZB druckt Geld und kauft damit Staatsanleihen..." Dadurch entsteht zunächst einmal höchstens Inflation in den gekauften Staatsanleihen, aber in wiefern stellt das ein Risiko für die Preisstabilität der Eurozone dar?


Es sind ja nicht nur die Anleihenkäufe... die EZB hat ja auch enorm die Zinsen gesenkt. Niedrige Leitzinsen, Geld drucken + Anleihenkäufe... das begünstigt definitiv die Inflation und zwar in der gesamten Euro-Währunszone... Die Währung in Spanien oder Italien ist ja dieselbe wie in Deutschland...

Diese Maßnahmen stellen definitiv ein Risiko für die Preisstabilität da und deswegen hat die Bundesbank die Maßnahmen der EZB scharf kritisiert. Die aktuelle EZB Politik begünstigt die Inflation in der Eurozone.

Ansonsten würde ich die Dikussion gerne auf nächste Woche vertagen ;) Dann ist GS auch wieder da und als VWLer kann er das sicher noch besser erläutern als ich.
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Re: Euro-Stützung durch EZB

Beitragvon hit » Donnerstag 13. September 2012, 19:27

Das sehe ich definitiv anders... schau dir mal die Auswirkungen von der Lehman Pleite an... und das war nur eine große Investmentbank... Was meinst du was los wäre, wenn Spanien Pleite wäre?


Wie sahen denn die genauen Auswirkungen der Lehman-Pleite auf Euro bzw. Dollar aus? Das würde meine Frage von oben, nach dem Zusammenhang vom Preis einer Währung und Länderbonität erweitern in:
In welchem Zusammenhang stehen Preise von Währungen und die Bonität von Institutionen (Staaten, Banken, Versicherungen, Bonds von bestimmten Unternehmen, die z.B. der EZB auch als notenbankfähig gelten).

Es gibt CDS (Kredit-Ausfallversicherungen) die dann fällig werden würden. Alleine diese Sache würde das globale Bankensystem in den Abgrund stürzen.. selbst Banken in Amerika die dann fällige CDS zahlen müssten wären Pleite.
Sämtliche Finanzdienstleistungskonzerne in Europa sowohl als auch viele Finanzdienstleister in US würden sehr schnell in die Insolvenz gehen.


Mit anderen Worten diese CDS sind seitens der Banken/Versicherungen gar nicht (ausreichend) gedeckt, da sie im Ernstfall sowieso nicht beglichen werden könnten.

Ich würde mich da definitiv festlegen und sagen, wenn ein Land wie Spanien Staatsbankrott anmelden würde, dann hätten wir den Eurocrash und die Folge wäre eine globale Wirtschaftskrise noch weitaus schlimmer als die Krise 2008.


An dieser Stelle stimme ich nicht ganz mit Dir überein. Zumindest sehe ich keinen notwendigen Zusammenhang zwischen einem Staatsbankrott Spaniens, dem Crash des Euros und einer globalen Wirtschaftskrise.

Ich stimme Dir zu, daß ein Zahlungsausfall Spaniens oder Italiens zu einer massiven Wirtschaftskrise führen würde, weil viele Schulden (Forderungen von Banken/Versicherungen gegenüber Staaten) nicht beglichen werden würden.

In Folge dessen würde sicherlich auch das Vertrauen in Institutionen schwinden, da sich niemand seiner Forderungen/Ersparnisse mehr sicher wäre.

So ließe sich auch eine Inflation erklären, die aber nicht notwendigerweise auftreten muß, es sei denn es gibt einen notwendigen Zusammenhang zwischen der Bonität von Institutionen und dem Preis/Wert von Währungen.

Ansonsten würde ich die Dikussion gerne auf nächste Woche vertagen ;) Dann ist GS auch wieder da und als VWLer kann er das sicher noch besser erläutern als ich.


Vielen Dank für die bisherige Diskussion. Ich würde die Diskussion allerdings gerne auf Ende September vertagen, weil ich am Wochenende in für zwei Wochen in Urlaub gehe (vollkommen abgeschnitten von Internet und wirtschaftlichen Problemen ) :smile: .

Gruß

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Re: Euro-Stützung durch EZB

Beitragvon Dantobrs » Montag 22. Oktober 2012, 11:02

hit hat geschrieben:
An dieser Stelle stimme ich nicht ganz mit Dir überein. Zumindest sehe ich keinen notwendigen Zusammenhang zwischen einem Staatsbankrott Spaniens, dem Crash des Euros und einer globalen Wirtschaftskrise.

Ich stimme Dir zu, daß ein Zahlungsausfall Spaniens oder Italiens zu einer massiven Wirtschaftskrise führen würde, weil viele Schulden (Forderungen von Banken/Versicherungen gegenüber Staaten) nicht beglichen werden würden.

In Folge dessen würde sicherlich auch das Vertrauen in Institutionen schwinden, da sich niemand seiner Forderungen/Ersparnisse mehr sicher wäre.

So ließe sich auch eine Inflation erklären, die aber nicht notwendigerweise auftreten muß, es sei denn es gibt einen notwendigen Zusammenhang zwischen der Bonität von Institutionen und dem Preis/Wert von Währungen.


Ich frage mich ehrlich, warum nicht schon bevor EU Beitritt die Bonität geprüft wird. Ich finde jedes Land das beitreten will muss streng untersucht werden weil alle EU-Staaten einen bindenden Vertrag eingehen und durch solche Milliardenkrisen auch andere mit hinein ziehen. Das ist doch bitte untragbar und kann längerfristig gesehen auch so überhaupt nicht funktionieren.
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Re: Euro-Stützung durch EZB

Beitragvon Skantl » Freitag 2. November 2012, 15:26

Soweit ich weiß werden die Bilanzen vor einem Eintritt in die EU gecheckt. Nur können diese eben gefälscht werden. Das war doch vor einiger Zeit mal in den Medien, dass Griechenland falsche Bilanzzahlen angegeben hatte. Falls ihr mal kurz und knackig die Finanzkrise erklärt bekommen haben und gleichzeitig lachen wollt, empfehle ich euch den Link hier. Da sieht man das ganze nicht ganz so deprimierend...
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