Drei Worte, die der Aktienmarkt hasst

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Drei Worte, die der Aktienmarkt hasst

Beitragvon deka42 » Donnerstag 21. April 2005, 21:00

Drei Worte, die der Aktienmarkt hasst

von Briton L. Ryle in Baltimore (Traders Daily)


Heben Sie Ihre Hand. Wer dachte, dass das US-Handelsbilanzdefizit im Februar besser als erwartet ausfallen würde? Ja, genau das dachte ich.

Was an den Handelsbilanzdefizitzahlen interessant war, war der China-Faktor. Das amerikanische Defizit im Handel mit China ging sogar ein bisschen zurück. Der Dollar konnte kurzfristig sogar ein wenig zulegen.

*** Der Ölpreis, die Zinsen, das Handelsbilanzdefizit – die Kräfte der Globalisierung haben die Schicksale jedes Landes auf dem Globus so stark wie nie zuvor miteinander verflochten. Und das bedeutet, dass Sie sich auf jeden Fall das Gesamtbild ansehen müssen, bevor Sie verstehen können, was direkt vor Ort vor sich geht.

Nehmen wir die Zinsen. Es wird allgemein angenommen, dass die Zentralbanken mit Hilfe der Leitzinsen die Balance zwischen Expansion und Inflation managen können.

Aber in diesen Tagen muss z.B. die US-Zentralbank die chinesische Nachfrage nach Rohstoffen in Betracht ziehen, die Zinsen in der Europäischen Union und die weltweiten Erdölraffinerie-Kapazitäten, bevor sie eine Entscheidung über die Höhe der US-Leitzinsen trifft.

Und diese Entscheidung ist dann für die Bank of Japan genauso wichtig wie für den amerikanischen Hausbesitzer.

Derzeit sieht die Fed die Belastungsfaktoren hohe Schulden und hohe Energiekosten. Die Staatsverschuldung der USA und auch die Verschuldung der amerikanischen Konsumenten stehen auf Allzeithoch, und der volle Effekt der hohen Erdölpreise wird sich erst nach und nach bemerkbar machen.

Also, wie kann die Fed die Zinsen erhöhen und die Liquidität verringern, angesichts eines weltweiten Slowdowns? Die Antwort ist: Sehr vorsichtig.

Bis jetzt hat der Zinserhöhungs-Zyklus der Fed keine großen Probleme verursacht. Die Immobilienpreise bleiben fest, und Japan kauft immer noch US-Staatsanleihen. Diese zwei Faktoren will die Fed nicht ändern, und deshalb ist es so gut wie sicher, dass die Fed nicht aggressiver vorgehen wird und z.B. Zinserhöhungsschritte von jeweils 50 Basispunkten vornehmen wird.

*** Das ist genug, damit einem der Kopf schwirrt. "Ich weiß nicht" sind die drei Worte, die der Aktienmarkt am meisten hasst. Und leider werden derzeit all die Faktoren, die die weltweite Expansion der letzten drei Jahre begründeten, in Frage gestellt. Was der Markt derzeit braucht, ist eine große Dosis "Ich weiß", so oder so. Und da die Quartalszahlen-Saison gerade begonnen hat und das nächste Treffen der Fed nicht mehr weit entfernt ist (3. Mai), werden wir dieses Wissen bekommen.

Wo wir gerade vom Fed-Treffen sprechen: Ich denke, die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Fed die Leitzinsen unverändert lassen wird. Oder: Wenn sie die Leitzinsen bei diesem Treffen um 25 Basispunkte erhöht, dann mit dem Hinweis, dass der aktuelle Zinserhöhungszyklus fast abgeschlossen ist.
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Inflation - Kommentar von Claus Vogt

Beitragvon deka42 » Donnerstag 21. April 2005, 21:07

Inflation - Kommentar von Claus Vogt

Es gibt zwei gängige Definitionen des Begriffs „Inflation“:
1. Inflation ist der Anstieg der Geldmenge pro Produktionseinheit.
2. Inflation ist der Anstieg des Preisniveaus eines Warenkorbs. Die erste Definition ist der weitgehend in Vergessenheit geratene Klassiker, der tatsächlich zum Kern des Problems vordringt. Die zweite Definition ist die heutzutage gängige Variante, die nicht zum Kern des Problems vordringt, sondern lediglich ein ganz bestimmtes Symptom beschreibt. Damit verschleiert diese Definition ganz bewußt die Ursache von Preissteigerungen und öffnet Manipulationen Tür und Tor: Welche Preise werden gemessen? Wer mißt sie? Mit welchen Methoden?

Die Defizite dieser heutzutage weitgehend akzeptierten Definition sind offensichtlich, die Vorteile der klassischen Definition ebenfalls.

Empirische Forschungen bestätigen übrigens den Zusammenhang zwischen wachsenden Geldmengen und steigenden Preisen. Aufgrund der hohen Komplexität moderner Volkswirtschaften ist dieser Zusammenhang aber kein einfacher, linearer, sondern ein hoch komplizierter und nur tendenziell gültiger.

Der renommierte Schweizer Professor Peter Bernholz hat in seinem 2003 erschienenen wirtschafts-historischen Buch „Monetary Regimes and Inflation“ diesen Zusammenhang in aller Klarheit empirisch überprüft. Einige seiner Ergebnisse lauten wie folgt:

„Das politische System tendiert dazu, Inflation zu favorisieren. Alle großen Inflationen wurden von Königen oder Regierungen verursacht.“ „Alle überlieferten Hyperinflationen haben im 20. Jahrhundert stattgefunden, also unter willkürlichen Papiergeldsystemen mit der Ausnahme der Hyperinflation während der Französischen Revolution, als das französische Währungssystem ebenfalls auf einem Papiergeld-Standard basierte.“ „Notwendige Bedingung zur Vermeidung von Inflation sind Währungssysteme, die den Herrschenden, Politikern und Regierungen die Hände binden.” „Hyperinflationen sind immer verursacht durch Defizite des Staatshaushalts, die überwiegend durch Geldschöpfung finanziert werden.“ „Ein ständiger Fluß neuen Geldes in die Wirtschaft führt erst nach einer mehr oder weniger langen Zeit zu Inflation, wenn das alte Geld auch im Ausland verwendet wird.“

Übrigens finden sich die meisten der von Bernholz aus der Historie abgeleiteten Schlußfolgerungen auch in den Schriften von Ludwig von Mises, dem großen Mann der Österreichischen Schule der Ökonomie. Insofern könnte man Bernholz Arbeit als empirische Überprüfung einiger Aussagen der Österreichischen Schule ansehen.

Bernholz nennt 29 Episoden der Hyperinflation. Angesichts der Fülle dieser Beispiele hat der zur Zeit weltweit verbreitete Glaube an die Vorzüge, ja Notwendigkeit ungedeckten Papiergeldes, das von Zentralbanken „gehütet“ wird, geradezu etwas Religiöses. Man muß fest daran glauben, um nicht von der Macht der sinnlichen Wahrnehmung vom Gegenteil überzeugt zu werden oder wenigstens Zweifel zu hegen.
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