Bangemachen gilt nicht

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Bangemachen gilt nicht

Beitragvon deka42 » Montag 25. April 2005, 00:15

Bangemachen gilt nicht (EuramS)
Finanzen.net


Mit dem jüngsten Einbruch am Aktienmarkt kommen die alten Ängste zurück. Wie Sie Ihr Depot für die drohenden Kursschwankungen fitmachen.
von Jens Castner

Es war wieder eine dieser Wochen, die manche Anleger kirre machen - zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Nach mehreren Monaten in ruhigerem Fahrwasser dominiert plötzlich wieder Hektik das Börsengeschehen. Seit Beginn der Berichtssaison steigt die Nervosität.

Die Stimmung wechselt beinahe täglich, je nachdem, wie die Quartalszahlen der Branchenführer ausfallen. Während IBM und General Motors mit schwachen Zahlen regelrechte Schockwellen an den Märkten auslösten, überraschten Intel, Nokia und SAP mit soliden Ergebniszuwächsen, was die Situation zum Wochenende hin beruhigte. Mit Marktprognosen tun sich selbst Profis in diesen Tagen schwer. "Wo die Fahrt hingeht - ehrlich gesagt, ich weiß es nicht", sagt Fondsmanager Luca Pesarini mit beinahe entwaffnender Ehrlichkeit. Seinen Mischfonds Ethna Aktiv E hat Pesarini deshalb sicherheitshalber der unsicheren Lage angepaßt. "Ein Drittel Aktien, ein Drittel Anleihen, ein Drittel Cash" lautet sein Rezept, um über die Sommermonate zu kommen.

Pesarini ist kein Einzelfall. Seit sich die Kursgewinne des ersten Quartals bei vielen Fonds weitgehend in Luft aufgelöst haben, geht die Angst um in Frankfurts Börsenviertel. Sicher scheint vielen nur, daß der nächste Einbruch am Aktienmarkt irgendwann kommen wird. "1998 war LTCM schuld, ein Hedgefonds, den bis dahin kein Mensch kannte. 2001 waren's die Anschläge aufs World Trade Center. Die Frage ist doch: Was ist beim nächsten Mal der Auslöser?", erklärt Thomas Bossert von der Fondsgesellschaft Union Investment die Verunsicherung der Branche. Nicht, ob die Märkte sich wieder Richtung Süden verabschieden werden, sondern wann, beschäftigt die Institutionellen.

Der bedrohliche Unterton, der seit der Baisse zwischen 2000 und 2003 an den Märkten mitschwingt, will trotz der zweijährigen Erholungsphase nicht verstummen. Zuviele schwelende Krisenherde haben die Börsianer ausgemacht, als daß sie unbeschwert ihrem Tagesgeschäft nachgehen könnten. Im wesentlichen waren die Störfaktoren zwar auch schon vor drei Wochen bekannt. Jetzt aber, da die Korrektur aufs Gemüt der Investoren drückt, werden sie wieder aus dem Hut gezaubert. "Bei jedem Einbruch muß etwas anderes als Erklärung herhalten", sagt Fondsmanager Pesarini.

l Der hohe Ölpreis bremst die Konjunktur. Ein Anstieg um jeweils 15 US-Dollar kostet nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 0,2 Prozent Wachstum - weltweit. Steigende Energiepreise schmälern die Gewinne der Unternehmen. l Die Verschuldung der USA bereitet Europäern wie Asiaten Unbehagen. Nicht nur Handelsbilanzdefizit und Staatsverschuldung könnten den größten Absatzmarkt der Welt unter Druck bringen, sondern auch die Tatsache, daß die privaten Haushalte auf Pump leben. Zwar läßt sich das durch Wachstumsraten von drei bis vier Prozent noch kaschieren - die jüngsten Arbeitsmarktdaten zeigen aber, daß weniger neue Jobs entstehen als in früheren Aufschwungphasen. Kommt der Wachstumsmotor ins Stottern, steigt die Arbeitslosigkeit und damit die Gefahr, daß Konsumentenkredite nicht mehr zurückgezahlt werden können. Auch frühere Vorzeigeunternehmen wie GM (siehe Seite 14) ächzen un- ter der milliardenschweren Schuldenlast. Gerät ein solcher Gigant ins Wanken, droht eine Bankenkrise.

l Neben den USA steht mit China ein weiterer Riese auf tönernen Füßen. Trotz aller Gegenmaßnahmen der Regierung wuchs das chinesische Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal um 9,5 Prozent. Der Versuch, durch Zinserhöhungen und restriktivere Kreditvergabe eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums, eine sogenannte "weiche Landung" hinzubekommen, schlug fehl.

Da so hohe Wachstumsraten bereits bei einer leichten Abkühlung der Konjunktur zu Überkapazitäten führen, steigt die Gefahr einer Rezession. Zudem belastet der Streit mit Japan um die Verantwortung für Greueltaten während des Zweiten Weltkriegs die Handelsbeziehungen der beiden Länder.

l Der Dollar schwächelt wegen der Schuldenpolitik der US-Regierung. Mit Stützungskäufen versuchen asiatische Notenbanken, die Weltleitwährung vor dem Absturz zu bewahren, da eine nachhaltige Dollar-Schwäche die Gewinne der eigenen Exportindustrie aufzehren würde - eine Art Subventionierung der eigenen Exporte. Ob ein Absacken des Dollar damit verhindert werden kann, bleibt fraglich. Das wiederum würde aber auch die europäische Exportindustrie treffen. l Hausgemachte Probleme in Deutschland belasten das Börsenklima hierzulande zusätzlich: Da nach der Jahrhundert-Baisse den Investoren die Angst im Nacken sitzt, fließt Kapital, das in früheren Jahren dem Aktienmarkt zugute gekommen wäre, in nicht börsennotierte Unternehmen. Institutionelle Anleger wie Versicherungen stecken zunehmend Kapital in Venture-Capital- und Private-Equity-Fonds.

Hinzu kommt die Massenarbeitslosigkeit, die das Konsumklima hemmt. Auch die Kapitalismus-Debatte, die SPD-Chef Franz Müntefering losgetreten hat, sei "nicht hilfreich", sagt Michael Heise, Chef-Volkswirt der Dresdner Bank. Sie verschrecke ausländische Investoren und verunsichere die Unternehmen im Inland.

Schwarzsehen die Experten der Dresdner Bank trotzdem keineswegs - weder für Deutschland noch für den Rest der Welt. Durch längere, flexiblere Arbeitszeiten seien die Lohnstückkosten zurückgegangen, die Wettbewerbssituation habe sich deutlich verbessert. Für dieses Jahr trauen die Banker Deutschland ein moderates Wachstum von 0,8 Prozent zu, 2006 soll das Bruttoinlandsprodukt um ansehnliche 1,8 Prozent steigen. Chefvolkswirt Heise: "Deutschland ist nicht mehr der kranke Mann Europas."

Auch für die USA gibt Heise Entwarnung, an eine herannahende Krise glaubt er nicht: Das Wirtschaftswachstum fürs laufende Jahr schätzt er auf 3,5 Prozent, fürs nächste auf 3,4. Heise: "Wir waren vor wenigen Monaten noch sehr skeptisch, haben nun jedoch unsere Wachstumsprognose von ursprünglich drei Prozent nach einem ordentlichen ersten Quartal nach oben revidiert."

Wo also bleibt der Mut der Investoren? Ein Grund, warum der Markt nicht entscheidend vorankommt, liegt nach Ansicht von Fondsmanager Pesarini bei den institutionellen Anlegern selbst. Das Benchmark-Denken, also der ständige Vergleich, wie der Fonds relativ zu den Indizes abschneidet, tauge nicht dazu, die Mittelzuflüsse zu generieren, die notwendig wären, um dem Markt entscheidende Impulse zu geben. "Von relativer Performance können sie sich nichts kaufen: Wenn der Vergleichsindex um 40 Prozent fällt und Ihr Fonds nur um 30, können Sie die Differenz nicht in der Kneipe auf den Kopf hauen", pflichtet ihm Gillian Skinner von Schroders bei. Die Branche denkt bereits um. Das neue Konzept heißt "Absolute Return". Nur wenn am Ende des Jahres unterm Strich ein Plus steht, hat der Fondsmanager einen guten Job gemacht. "Er übernimmt mehr und mehr die Aufgaben eines Vermögensverwalters", sagt Thomas Bossert von Union Investment.

Auch Luca Pesarini hat sich den Absolute-Return-Gedanken längst auf seine Fahnen geschrieben: Seit er seinen gut bezahlten Job als Vorstand beim Schweizer Julius Bär geschmissen hat, um seine eigene Fondsgesellschaft Ethna Capital zu gründen, durchforstet der 43jährige den Markt nach kleinen, konjunkturresistenten Nischenunternehmen, die auch in Krisenzeiten das Potential haben, gegen den Trend zu wachsen. Als Stock-Picker der alten Schule, der Aktien anhand von Fundamentaldaten auswählt, läßt es ihn letztlich kalt, ob der DAX nun bei 4000, 4200 oder 4400 Punkten steht. "Ich beschäftige mich lieber mit Unternehmen als mit Konjunkturdaten oder der Frage, was der Markt in den nächsten Wochen macht."

Denn gute Aktien haben immer Konjunktur. Nach der Investmentphilosophie der britischen Fondsgesellschaft Schroders läßt sich der Markt in A-, B- und C-Werte unterteilen. Während das Geschäft der B- und C-Firmen meist von Konjunkturzyklen abhängig ist, schaffen es die Unternehmen der A-Kategorie, über einen langen Zeitraum hinweg aus eigener Kraft die Gewinne zu steigern - sei es durch konkurrenzlose Produkte, durch ausgezeichnete Management-Leistungen oder durch bilanzielle Stärke.

Welches aber sind A-Aktien? "Die meisten Tech-Werte gehören nicht dazu", sagt Gillian Skinner, die mit Andy Brough den Schroders-European-Smaller-Companies-Fonds managt. "Die Bewertungen sind, gemessen an den Geschäftsaussichten, immer noch viel zu hoch." Auch Luca Pesarini traut der kriselnden Tech-Branche nicht über den Weg: "Die wenigen guten Unternehmen im TecDAX sind eigentlich keine klassischen Technologiewerte und könnten ebensogut im MDAX oder SDAX gelistet sein."

Auch die kapitalmarktabhängigen Versicherer ("Da können noch grauenvolle Tage kommen"), Autohersteller ("Irgendeiner steckt immer in Schwierigkeiten und drückt die Preise") oder Immobilienaktien ("Da entsteht eine neue Blase") sind für ihn alles andere als erste Wahl.

Da ihm auch viele MDAX-Titel zu teuer geworden sind, sucht er vorwiegend unterhalb der großen Indizes nach unentdeckten Perlen, um - wenn er ein Schnäppchen entdeckt hat - zuzuschlagen, egal, wo der Markt gerade steht.

Klein, konjunkturresistent und europäisch sollen sie sein, die A-Aktien: "Von US-Werten lasse ich wegen der hohen Bewertung lieber die Finger", sagt Pesarini. Obwohl Small Caps europaweit bereits gut gelaufen - und im Vergleich zu den Blue Chips auch nicht mehr billig - sind, trauen auch die Schroders-Experten den kleineren Aktien die größeren Sprünge zu: "Ein Aufschlag gegenüber den Standardwerten ist durchaus gerechtfertigt", findet Fondsmanager Brough. "Schließlich wachsen kleinere Unternehmen schneller."

Quelle: Finanzen.net 24.04.2005 10:57:00
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